Erlebnisbericht zur Gedenkstunde der Trauer und der Erinnerung
Am 9. November wurde in unserer Kirche eine Gedenkstunde zu „80 Jahre Reichspogromnacht“ durchgeführt.
Da unsere Kirche die ehemalige Synagoge ist, trat man mit der Frage an uns heran, ob es möglich ist, zu diesem Tage eine Gedenkstunde abzuhalten. Nach dem wir Rücksprache gehalten haben, konnten wir die Zusage geben. Es gab mehrere Treffen von den Verantwortlichen und man hat ein Programm erstellt. Je mehr man sich traf, umso mehr wuchs das Programm.
Die Begrüßung erfolgte durch unseren Vorsteher als „Hausherrn“. Es folgte eine Ansprache von Frau Dr. Annika Spilker, Leiterin Stadtarchiv Eschwege, die verantwortlich für die Veranstaltung war. Zeitzeugen kamen zu Wort - vorgetragen durch eine Lesung von Anne-Frank-Schülern. (Anmerkung: Anne Frank war eine Jüdin.) Alexander Heppe, Bürgermeister unserer Stadt, sprach davon, dass Erinnerung immer weh tut und man hinschauen sollte. Es waren Menschen wie Du und Ich. Nachbarn, die man kannte und mit denen man Zeit verbrachte. Plötzlich war alles anders. Man wurde verfolgt, Menschen wurden geächtet, Eigentum beschädigt und schließlich wurde man deportiert. Menschen, die in unmittelbarer Nähe unserer Kirche, der ehemaligen Synagoge wohnten, fühlten, dass irgendetwas in der Luft lag. Auch die Synagoge wurde zerstört und geplündert. Die Thora wurde gestohlen.
Im Programm ging es weiter mit einem stillen Gedenken. Die Namen und Bilder von den Menschen wurden gezeigt, die deportiert worden sind und die in Eschwege gelebt haben. An dieser Stelle möchte ich nur zwei Namen nennen. Zwei Namen der jüngsten aus Eschwege Deportierten: Blach, Brigitte, 5 Jahre und Cohen, Isfried, 4 Jahre. So alt wie meine Enkeltochter.
Da ich in diese Arbeit eingebunden war, hat mich das sehr emotional berührt. Kann man sich in die Lage der Menschen hineinversetzen? Ein Weg ins Ungewisse. Die Frage: „Wo bringt ihr mich hin? Komme ich wieder? Habe ich eine Zukunft“? Diese und viele Fragen mehr haben sicher diese Menschen gestellt.
Ich kam zu dem Entschluss, dass man sich nicht in die Lage dieser Menschen hineinversetzen kann. Nun stellte auch ich mir die Frage: „Durften diese Menschen Gnade empfangen? Konnten sie vergeben“? Ich weiß es nicht, aber ich bete dafür. Nach dem die Bilder und Namen erloschen waren, sprach Frau Bar-Ilan, Nachkomme der jüdischen Familie Goldschmidt aus Eschwege, ein Gebet in Hebräisch, welches von Anna-Maria Zimmer übersetzt wurde. Wir durften diese Gedenkstunde mit unserem Orchester umrahmen. Es war eine Atmosphäre die ich mir immer wünsche. Kennt ihr die Situation wenn man eine Stecknadel fallen hört? Diese Atmosphäre zog sich durch die ganze Stunde. Herzlichen Dank all denen, die diese Stunde durch Gebet begleitet und die durch ihr Mitwirken eine schöne Atmosphäre bereitet haben.
9. November 2018
Text:
Matthias Beck
Fotos:
Matthias Beck
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